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Goudswaard, Rudy

BIOGRAFIE

Ich bin Ruud Goudswaard und ich bin im Mai 1927 in Amersfoort geboren. Ich habe einen Zwillingbruder Eddy und eine 7 Jahre ältere Schwester Hetty. Wir wohnten in der Anna Paulownalaan als die Deutschen in unser Land einfielen. Wir machten das ganz bewusst mit, weil unsere Eltern sich bewusst waren von der Drohung aus Deutschland. Sie gingen früher gerne nach Deutschland, in ein kleines Hotel und dort wurden sie bereits vor den Entwicklungen gewarnt. Somit haben meine Eltern sich soweit das ging, vorbereitet auf das was möglicherweise passieren kann. Sie haben Lebensmittel, die bewahrt werden konnten gehamstert, vor allem Tee.

Eddy und ich waren fast 13 als der Krieg begann. Du stehst dann noch nicht still bei den Folgen des Krieges. Als Junge von 12, 13, 14 Jahren packen sie dich nicht so schnell. Wir gingen von der Hauptschule ganz normal ins Lyzeum in Baarn. Das bedeutete jeden Tag mit dem Zug von Amersfoort hin und zurück. Die Waggons hatten Gardinen vor den Fenstern, zum verdunkeln und auf dem Rückweg spielten wir auch „Verdunkeln“: Dann verdunkelten wir die Waggons und bei der Ankunft auf dem Bahnhof Amersfoort hat der Schaffner ordentlich mit uns geschimpft. Manchmal mussten wir nachsitzen, manchmal durften wir einfach weiterlaufen.

Aber wir wurden auch 16, 17 und fast 18 im Krieg und das war das Alter, in dem wir eigentlich nach Deutschland mussten, um zu arbeiten. Unsere Mutter hatte Angst davor und wir realisierten uns auch, dass sie uns packen könnten. Also lebten wir mehr oder weniger in Haus eingesperrt. Du konntest nicht auf die Straße, nicht in die Stadt, wir mussten einfach im Haus bleiben. Glücklicherweise hatten wir einen großen Garten, wodurch wir manchmal doch kurz nach draußen konnten. Aber dort liefen wir ein Risiko, weil sie von einem Haus weiter in der Anna Paulownalaan direkt in unseren Garten schauen konnten. In diesem Haus waren SS-Offiziere einquartiert und die durften uns natürlich nicht sehen. Also bedachte unsere Mutter, dass wir uns als Dienstmädchen verkleiden mussten, wenn wir in den Garten wollten. Mit Röcken und Kopftüchern. Wir spielten einfach mit, fanden es selbst auch schön um das zu tun; wir hatten verschiedene Kleidung, es war als ob wir in einem Theaterstück spielten. Aber der Ernst saß natürlich dahinter.

Fotos – von oben nach unten: Schwimmbad Pesie – das Lyceum in Baarn, Bahnhof Baarn 1940, auf Gleis 3 Pendlerzug nach Amersfoort – Gefangenentransport Kamp Amersfoort

Goudswaard, Rudy, geboren in 1927 erzählt eine Geschichte:

Als das Lyzeum in Baarn von den Deutschen besetzt wurde, bekamen wir in einer anderen Schule Unterricht. Die eine Woche morgens, die andere Woche mittags. Eine normale Schulzeit war das also nicht. Auch die schönen Schulsachen hatten wir nicht. Unsere Schwester Hetty war früher auf derselben Mittelschule und sie hatte uns über schöne Schulfeste und so erzählt. Nun, das saß in unserer Zeit nicht drin. Es war einfach langweilig und sicher die Folge des Krieges und der Besetzung.

Goudswaard, Rudy, geboren in 1927 erzählt eine Geschichte:

Glücklicherweise haben wir nicht oft gesehen, dass Leute gepackt wurden. Wir haben aber ab und zu einen Zug mit dichten Fenstern gesehen, wovon wir fast sicher wussten, dass da Leute saßen die nach Deutschland transportiert wurden. Das beeindruckte dich. Wir wussten, dass Menschen abgeführt wurden. Das hörte man von diesem oder jenem. Genauso wie das was wir über Kamp Amersfoort hörten. Du warst nicht dabei, wenn die Leute gepackt wurden, aber du wusstest dass es geschah, denn die Berichte gingen rund von Mensch zu Mensch. Da war eine ältere Dame, eine Bekannte von unseren Eltern, die ab und zu bei uns vorbeikam und dann erzählte sie über den Leusderweg. Das war die Anfahrstrecke von Kamp Amersfoort und sie schaute dort einfach zu. Sie teilte auch Brot aus, aber das ging nicht ganz ungehindert, denn manche Deutsche erlaubten das und andere nicht und manchmal bekam sie dann auch etwas zu hören.

Goudswaard, Rudy, geboren in 1927 erzählt eine Geschichte:

Ed und ich, mit meiner Schwester, waren bei Pesie im Schwimmbad. Irgendwann kommt jemand von der Leitung dahin, ja dieser Junge sagt: Es sind Juden im Bad. Aber früher hatten wir ziemlich dunkle Haare, also der sagte zur Leitung: Da sitzen Juden. Und damals haben wir gesagt: Nun, wir sind keine, meine Schwester war auch dabei, wir sind keine Juden. Aber wir sagten: Lass uns vernünftig sein und das Schwimmbad verlassen, also wir wurden eigentlich mehr oder weniger aus dem Schwimmbad geworfen. Und damals haben sie meine Schwester angesprochen und die sagte also: Nein wir sind keine Juden. Aber meine Schwester sagte auch: Jungens kommt jetzt mit, denn man weiß es nicht. Und ja, so geht das, das sind ganz komische Zeiten.

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